Alte Herren spielen erste Geige – Interview mit der Dirigentin Maria Makraki
- Warum gibt es Ihrer Meinung nach so wenige Dirigentinnen?
Das ändert sich langsam. In jeder Dirigierklasse gibt es zurzeit Frauen, die das Fach Dirigieren studieren.
- Inwiefern sind Frauen in diesem Bereich benachteiligt?
Wie in allen Berufen finden sich in Spitzenpositionen weniger Frauen. Das liegt nicht an Ihren geringeren Fähigkeiten, sondern an den sozialen Gegebenheiten unserer Gesellschaft. Die Frauen haben aus Familiengründen oft Nachteile und die Tradition und die Vorurteile in diesem speziellen Beruf können nicht so einfach überwunden werden.
- Haben Sie ganz persönlich schon diskriminierende Erfahrungen gemacht?
Nein, eigentlich nicht. Natürlich muss man immer mit seinen Fähigkeiten überzeugen. Die ersten Minuten sind manchmal kritisch, aber dann spielt das Geschlecht keine Rolle. Es wird immer konservative Orchester und konservative Musiker geben. Beim Dirigieren geht es aber um das Umsetzen einer Vorstellung, und das gelingt Frauen genau so gut wie Männern. Eine Dirigentin kann sehr viel Durchsetzungsvermögen, Ausstrahlung, Musikalität und Autorität haben, wie in jedem anderen Beruf.
- Gibt es diesbezüglich einen Unterschied, ob Sie vor dem eigenen oder einem fremden Orchester stehen?
Ja, es gibt einen Unterschied. Man fühlt sich bei seinem eigenen Orchester sehr frei kann mehr experimentieren und die Grenzen erweitern bzw. überschreiten. Eine sehr angenehme aber kraftvoll musikalische Atmosphäre kann an die Musiker übertragen werden und dadurch entsteht eine besondere manchmal bombastische Klangeinheit.
- Was ist Ihre persönliche Strategie, um sich in männlich dominierten Hierarchien durchzusetzen?
Ich mache mir keine Gedanken über das Geschlecht. Die Klangvorstellung und die Interpretation einer Komposition ist für mich immer die Herausforderung, und dass die Musiker sie anerkennen und anschließend übernehmen.
- Wo sehen Sie eine Lösung des Problems? Eine Frauenquote führt ja wohl in der Kunst nicht weit.
Dafür braucht man soziale Strukturen und Förderungen, sodass die Frauen ein wenig von den Familienverpflichtungen entlastet werden können. Dadurch können die Qualitäten und die Fähigkeiten von begabten Frauen leichter zum Vorschein kommen. Eine Frauenquote in der Kunst kann manchmal zu Diskriminierung der Frauen führen, deswegen würde ich mit solchen Formen vorsichtig sein.
- Vielen Dank für das Gespräch!
(Antje Rößler, in: Neues Deutschland, 02.03.2011)